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Diskurs Elsa

Entwicklung und Evaluation eines Diskursverfahrens für Jugendliche zur Behandlung ethischer, rechtlicher und sozialer Problemstellungen prädiktiver Gentests im Arbeits- und Versicherungsbereich

Kurzbeschreibung

Problemhintergrund
Mittelfristig stellen prädiktive Gentests einen wichtigen Anwendungsbereich der Humangenomforschung dar. Sie leisten einen wertvollen Beitrag zur Früherkennung von Krankzeiten und zur Familienplanung, sind jedoch auch mit einer Reihe von ethischen, rechtlichen und sozialen Problemen verbunden. Prädiktive Gentests zeigen lediglich erhöhte Erkrankungsrisiken an, die Interpretation der Testergebnisse überfordert medizinische Laien häufig. Eine fehlende Beratung kann zu weit reichenden Fehlentscheidungen führen. Ein zentrales Problem prädiktiver Gentests ist ihr Potential zu genetischer Diskriminierung, das vor allem im Zusammenhang mit der Ungleichbehandlung aufgrund von genetischen Merkmalen im Arbeits- und Versicherungssektor diskutiert wird. Zum Zeitpunkt des Forschungsprojekts gibt es in Deutschland kein einschlägiges Gesetz, das in ausreichendem Maße die Nutzung prädiktiver Gentestes und die Verwendung dadurch hervorgebrachter Daten regelt.

Die dauerhafte Qualität demokratischer Entscheidungsfindung hängt zuletzt immer, namentlich mit Blick auf künftige Gesetzgebungsverfahren, von einer qualifizierten Meinungsbildung in der Öffentlichkeit ab. Angesichts der Vielfalt moralischer Überzeugungen in modernen Gesellschaften wird die Vermittlung von ethischer Reflexionsfähigkeit zu einem essentiellen Instrument, um die Konsistenz und Kohärenz verschiedener Einstellungen zu prüfen, vorhandene Grundkonsense zu identifizieren, ihre Anwendbarkeit auf bestehende Fragen zu untersuchen und verbleibende Dissense so zu erfassen, dass sie sinnvoll Entscheidungsformen wie Kompromissen oder Abstimmungen zugeführt werden können.

Projektziel
Das vorliegende Projekt zielt darauf ab, ein für Jugendliche geeignetes, auf gesellschaftliche Interessenkonflikte und ethische Dilemmata zentriertes Diskursverfahren zu entwickeln, zu erproben und zu evaluieren. Hierbei sollen Jugendliche so angeleitet werden, dass sie einen inhaltlich gehaltvollen Diskurs zu ethischen, rechtlichen und sozialen Fragen, die sich in diesem Themenfeld stellen, selbständig führen können.

Konzeption

  • Die Informationsvermittlung ist nach neuesten Ansätzen des „selbstorganisierten Lernens (SOL)“ gestaltet.
  • Der Ansatz bezieht einen Dialog zwischen Wissenschaftlern und Jugendlichen mit ein.
  • Das Diskursverfahren stellt Interessenkonflikte und ethische Dilemmata und deren systematische Variation in den Mittelpunkt und arbeitet mit Dilemmadiskussionen (Konstanzer Methode der Dilemmadiskussion, Lind, 2003). Dadurch werden eine qualifizierte Meinungsbildung der Jugendlichen in Bezug auf das ausgewählte Themenfeld sowie ihre moralische Urteils- und Diskursfähigkeit im Allgemeinen gefördert.
  • Das Diskursverfahren ist auf Schüler der 12. Klasse zugeschnitten und wird an drei Gymnasien mit jeweils 15 Schülern der 12. Klasse und drei Lehrern im Rahmen von dreitägigen Workshops erprobt.
  • Ein partizipativer Ansatz ermöglicht die aktive Beteiligung von Schülern und Lehrern bei der Weiterentwicklung und Optimierung des Diskursverfahrens und der Curriculummaterialien.
  • Das Diskursverfahren wird multimethodisch evaluiert.
  • Eine breite und nachhaltige Wirkung des Diskursprojekts wird durch die Entwicklung von Curriculummaterialien für projektorientierten Unterricht, einen Internetauftritt zum Diskursprojekt und eine öffentliche Präsentation der Schülerempfehlungen gewährleistet.

Projektdokumentation / Projekt- und Unterrichtsmaterial für Lehrer
Auf der Website www.gentests-im-diskurs.de wurden folgende Informationen bereitgestellt:

  • Eine Dokumentation der Diskursprojekte an drei Modellschulen
  • Die Schülervoten zu prädiktiven Gentests im Arbeits- und Versicherungsbereich
  • Schüler- und Lehrerfeedback zum Diskursprojekt
  • Umfangreiche Projekt- und Unterrichtsmaterialien für Lehrer, um das Projekt auch selbst durchführen zu können.

Projektpartner

  • Institut für Humangenetik, Universität Bonn
  • Institut für Wissenschaft und Ethik
  • Institut für Deutsches, Europäisches und Internationales Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Heidelberg und Mannheim